KURIER Experten-Interview „Reden Sie besser“ Tipps für erfolgreiche Reden
Silvia Agha-Schantl im Experten-Interview für den JOB KURIER „Ein Traum von einer Rede“, erschienen am 2. Juni 2018.
Artikel von Magdalena Vachova und Andrea Vyslozil:
Ob bei der Halbjahresbilanz vor Journalisten oder am Sommerfest vor Kollegen: Ansprachen haben jetzt Konjunktur. So machen es die Profis.
Der Scheinwerfer blendet, der Mund ist trocken. Die schweißnassen Hände greifen nach einem vorbereiteten Papier, doch die Tinte ist verschmiert. Das Mikro quietscht laut. Das Publikum tuscheln schon. Kennen Sie das? Dann sind Sie nicht alleine, In der Hitliste der schlimmsten Albträume rangiert die Bühnenangst, neben Klassikern wie der unvorbereiteten Matura oder der freiem Fall, ganz weit vorne. Dabei könnte es so schön sein: Ein selbstbewusster Redner, der einen gut strukturierten Text vorträgt: pointiert, charmant, eloquent, mit Wirkung. „Eine Rede zu halten, ist ein Privileg“, sagt Michaela Mojzis-Böhm. Die Kommunikationstrainerin hat ein Online-Service für individuelle Reden gegründet. Auf der Website geben Kunden den Anlass der Rede an, füllen einen Fragebogen aus und haben eine Woche später das fertige Manuskript im Posteingang. Was die perfekte Rede ausmacht? „Legendäre Reden, wie die von Martin Luther King, zeichnet neben Leidenschaft eine kurze, zentrale Aussage aus, die den Nerv der Menschen in diesem Moment genau trifft“, analysiert Mojzis- Böhm. Große Redner üben sich dabei in Reduktion- starke, simple Aussagen bewegen Menschen.
Aber es müsse ja nicht gleich Kings Niveau sein, für die Firmenveranstaltung tue es auch eine Nummer kleiner, beruhigt die Ghostwriterin. Eine Rede, die gut ankommt, braucht laut Expertin einen starken Anfang, der die Neugier des Publikums weckt, im Mittelteil eine klare Struktur mit nachvollziehbarem Gedankenaufbau und zum Schluss einen emotionalen Ausstieg, der die Kernbotschaft hängen bleiben lässt. „An den Einstieg denkt fast jeder, den Ausstieg vergessen viele.“
Kaum etwas sei bei Reden so schlimm wie fehlende Struktur, ein Herumreden ohne klare Agenda, so Mojzis-Böhm. „Eine klassische Dramaturgie folgt etwa Fakten, Ziel, Appell. Dabei wird erst die Problematik des Istzustands erzählt, dann die gewünschte Veränderung und der vorgeschlagenen Lösungsweg dorthin.“ Bei viel Inhalt könne der Redner auch mit Aufzählungspunkten arbeiten, deren Zahl er den Zuhörern vorher ankündigt. Allgemein rät die Expertin aber, sich kurz zu halten. Fünf bis acht Minuten sei die ideale Länge.
Steht der Erstentwurf, macht sich die Redenschreiberin an den Feinschliff, baut Metaphern und Symbole ein. Wortwahl muss zur Persönlichkeit passen. Auftraggebern stellt sie vorab deshalb Fragen nach Kunst- und Musikgeschmack. „Wer Harfe mag, schätzt die Feinheit der Sprache. Wer Trommeln bevorzugt, mag es, aufzurütteln. Da passen starke Begriffe“, sagt Mojzis-Böhm. Wer die Rede selbst schreibt, sollte sich überlegen, wie er ankommen will: kollegial oder belehrend, lustig oder tiefsinnig.
„Beim Vortrag selbst ist der Auftritt fast noch wichtiger als der Inhalt“, sagt Kommunikationscoach und Schauspielerin Silvia Agha-Schantl. Haltung sei alles: „Stellen Sie sich hüftbreit hin und arbeiten Sie mit großen, einladenden Gesten, so wie Obama es macht.“ Die Hände sollten sich dabei auf Höhe zwischen Brust und Bauchnabel bewegen. Auch die „Merkel-Raute“ ist erlaubt. Aber: „Die Finger nicht wie eine Waffe auf das Publikum richten.“ Moderationskarten oder ein Stift in der Hand helfen, wem leere Hände unangenehm sind.
Neben der Gestik ist die Stimme wichtig. „Wenn wir nervös sind, neigen wir zur Flachatmung, wir haben dann wenig Resonanz und uns geht die Puste aus“, erklärt Agha-Schantl. Für solche Momente empfiehlt sie, sich ganz bewusst auf den Atem zu konzentrieren und extra tief zu sprechen
. „Wärmen Sie Ihre Stimme vor der Rede auf indem Sie leise eine Melodie summen oder trinken sie ein Glas zimmerwarmes stilles Wasser.“
Gegen Nervosität hilft nur gute Vorbereitung. „Seien Sie früher am Veranstaltungsort, lernen Sie den Raum kennen und machen Sie einen Soundcheck.“ Dann quietscht später auch garantiert kein Mikro und die Rede wird ein Traum.
Quelle: Job Kurier, Magdalena Vachova und Andrea Vyslozil, Artikel: 02.06.2018
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